Verordnung der Übernahmekommission
über öffentliche Kaufangebote
(Übernahmeverordnung, UEV)
vom 21. August 2008 (Stand am 1. Januar 2016)
Von der Eidgenössischen Bankenkommission1 genehmigt am 24. September 2008
Die Kommission für öffentliche Kaufangebote (Übernahmekommission),
gestützt auf die Artikel 126, 131, 132 Absatz 3, 133 Absatz 2, 134 Absätze 3 und 5, 136 Absatz 1 und 138 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes vom 19. Juni 20152 (FinfraG),3
verordnet:
1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen
Art. 1 Zweck
Art. 21 Begriffe
Art. 4 Ausnahmen
2. Kapitel: Voranmeldung eines Angebotes
Art. 5 Grundsatz und Inhalt
Art. 6a und 6b1
Art. 71 Veröffentlichung
Art. 81 Wirkungen
3. Kapitel: Angebot
Art. 91 Gleichbehandlungsgrundsatz
Art. 9a1 Freiwillige Tauschangebote
Art. 11 Handeln in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe
Art. 12 Pflichten der Personen, die mit dem Anbieter zusammenwirken
Art. 13 Bedingungen des Angebotes
Art. 14 Dauer des Angebotes
Art. 15 Änderung eines Angebotes
4. Kapitel: Angebotsprospekt
1. Abschnitt: Allgemeines
Art. 17 Grundsätze
Art. 181 Veröffentlichung des Angebotsprospektes
2. Abschnitt: Inhalt
Art. 19 Angaben über den Anbieter
Art. 23 Angaben über die Zielgesellschaft
Art. 24 Zusätzliche Angaben im Fall öffentlicher Tauschangebote
Art. 25 Weitere Angaben
5. Kapitel: Prüfung des Angebotes
Art. 261 Prüfstelle
Art. 28 Aufgaben der Prüfstelle nach Veröffentlichung des Angebots
6. Kapitel: Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft
Art. 30 Grundsätze
Art. 32 Interessenkonflikte
Art. 331 Veröffentlichung des Berichtes
Art. 341 Änderung des Angebotes
7. Kapitel: Abwehrmassnahmen der Zielgesellschaft
Art. 36 Gesetzwidrige Abwehrmassnahmen
Art. 371 Unzulässige Abwehrmassnahmen
8. Kapitel: Meldung von Transaktionen
Art. 43 Veröffentlichung
9. Kapitel: Veröffentlichung des Ergebnisses
Art. 45 Bedingtes Angebot
Art. 46 Nachfrist
10. Kapitel: Konkurrierende Angebote
Art. 48 Grundsätze im Fall mehrerer Angebote
11. Kapitel: Potenzielles Angebot
12. Kapitel: Verfahren
Art. 54 Ausschüsse
Art. 56 Parteien
Art. 58 Einsprache einer qualifizierten Aktionärin oder eines qualifizierten Aktionärs
Art. 611 Übrige Verfahren
Art. 63 Verfahrensgrundsätze
Art. 691
13. Kapitel: Inkrafttreten
1 Heute: Eidgenössische Finanzmarktaufsicht.
2 SR 954.1
3 Fassung gemäss Ziff. I der V der Übernahmekommission vom 19. Okt. 2015, von der FINMA genehmigt am 3. Dez. 2015 und in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5319).
Praxis zu Art. 11 Abs. 1 UEV
Ziel der Regelung / Normzweck
Die Bestimmungen betreffend das Handeln in gemeinsamer Absprache zielen in erster Linie darauf ab, eine Anbieterin an einer Umgehung ihrer übernahmerechtlichen Pflichten, insbesondere der Einhaltung der Best Price Rule, zu hindern.
Handeln in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe mit der Anbieterin im übernahmerechtlichen Kontext im Allgemeinen
Zu besonderen Merkmalen des Begriffs „Handeln in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe“ im Zusammenhang mit der Auslösung der Angebotspflicht gemäss Art. 135 Abs. 1 FinfraG, vgl. die Praxis und Kommentierung zu Art. 33 FinfraV-FINMA (i.V.m. Art. 12 FinfraV-FINMA) sowie zu Art. 135 Abs. 1 FinfraG.
Koordinierung des Verhaltens mit der Anbieterin im Hinblick auf ein Angebot
Als in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handelnd gilt in analoger Anwendung von Art. 12 FinfraV-FINMA, wer hinsichtlich des Unterbreitens eines öffentlichen Kauf- bzw. Umtauschangebots und dessen Bedingungen sein Verhalten mit der Anbieterin durch Vertrag oder andere organisierte Vorkehren (d.h. unter Umständen in einem rein faktischen Zusammenwirken) abstimmt bzw. sich über das Angebot und über dessen Bedingungen mit dieser geeinigt hat. Mit anderen Worten bezeichnet das „Handeln in gemeinsamer Absprache“ mit der Anbieterin somit ein rechtliches Abspracheverhältnis, welches auf einer qualifizierten Nähe zur Anbieterin beruht und einen Bezug zum Angebot aufweist.
In einzelnen Verfügungen und Empfehlungen wird von der UEK für das Handeln in gemeinsamer Absprache "im Hinblick auf ein Angebot" geltend gemacht, dass das entsprechende Verhalten zusätzlich auf den Erfolg des Angebots abzielen muss.
Zeitlicher und inhaltlicher Bezug zum Angebot
Gemäss Art. 11 Abs. 1 UEV sind nur Verhaltensabstimmungen erfasst, die einen zeitlichen und inhaltlichen Bezug zum fraglichen Angebot aufweisen. Es kann aber auch eine punktuelle, einmalige sowie gegenständlich limitierte Abstimmung für die Annahme einer organisierten Gruppe im Sinne von Art. 11 UEV genügen, sofern sie bloss einen Bezug zum öffentlichen Angebot hat.
Vertragsabschluss ist nicht notwendig
Ein Handeln in gemeinsamer Absprache setzt keinen (schriftlichen oder mündlichen) Vertragsabschluss voraus, sondern ist auch durch andere organisierte Vorkehren möglich. Eine Absprache kann konkludent abgeschlossen werden, d.h. durch ein Verhalten, das vernünftigerweise auf Grund der Lebensgewohnheiten (bspw. Familien oder enge Geschäftspartnerschaften) den Schluss auf das Vorhandensein des Willens rechtfertigt (vgl. BGE 130 II 530, Erw. 6).
Zeitpunkt der Begründung und Dauer des Abspracheverhältnisses
Das im Hinblick auf ein Angebot begründete Abspracheverhältnis kann bereits vor Veröffentlichung des Angebots oder gar vor Abschluss einer Transaktionsvereinbarung begründet werden und besteht grundsätzlich für die gesamte Dauer des Angebots und ungeachtet einer allfälligen Auflösung des gegebenenfalls zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses weiter.
Abgrenzung des Handelns in gemeinsamer Absprache vom Parallelverhalten
Das Handeln in gemeinsamer Absprache als Zurechnungstatbestand ist vom blossen Parallelverhalten abzugrenzen, welches sich aus gleichgerichteten Interessen ergibt. Für eine gemeinsame Absprache bedarf es einer qualifizierten Intensität und einer minimalen Organisation.
Insbesondere muss die Absprache eine Intensität und innere Verbindlichkeit aufweisen, die dazu führt, dass die Aktionäre nicht mehr völlig frei über ihre Stimmrechtsausübung entscheiden können. Massgeblich ist im Einzelfall, ob eine Ausrichtung auf ein gemeinsames Ziel hin durch den Einsatz gemeinsamer Mittel und Kräfte vereinbart ist und dabei die Einzelinteressen den Gesamtinteressen der organisierten Gruppe bzw. der gemeinsamen Absprache hintenanstehen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-1215/2009 vom 9. November 2010, E. 9.1.) Eine Koordination des gemeinsamen Verhaltens setzt somit eine bewusste intensive Kommunikation voraus.
Ein bloss gleiches (und nicht gemeinsames) Ziel stellt keine Absprache i.S.V. Art. 11 UEV dar.
Zielgesellschaft nach Abschluss einer Transaktionsvereinbarung mit der Anbieterin
Ab Datum des Abschlusses einer Transaktionsvereinbarung (Transaction Agreement) handelt die Zielgesellschaft, einschliesslich der allenfalls von ihr direkt oder indirekt beherrschten Gesellschaften und Personen, im Hinblick auf das Angebot in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin.
Jüngste Anwendungsfälle aus der UEK-Praxis:
Begriff Transaktionsvereinbarung
Mit einer Transaktionsvereinbarung wollen die Parteien üblicherweise den Preis, die Bedingungen und andere Hauptpunkte des Angebots verbindlich festlegen, bevor das Angebot lanciert wird: Die Zielgesellschaft möchte sicherstellen, dass das Angebot zu den vereinbarten Konditionen erfolgen wird. Der Anbieter möchte Gewissheit darüber haben, dass der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft das Angebot unterstützt.
Vertragliche Einigung zweier konkurrierender Anbieterinnen auf ein gemeinsames Vorgehen
Zwei vormals konkurrierende Anbieterinnen handeln ab Datum des Abschlusses einer Vereinbarung über ein gemeinsames Vorgehen hinsichtlich des konkurrierenden Angebots in gemeinsamer Absprache in Bezug auf dieses konkurrierende Angebot, nicht aber in Bezug auf das Erstangebot.
Zielgesellschaft bei Vorliegen von Interessenkonflikten auf Stufe Verwaltungsrat
Unter Umständen handelt die Zielgesellschaft bereits dann in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin, wenn sich Verwaltungsratsmitglieder der Zielgesellschaft im Hinblick auf das Angebot in einem Interessenkonflikt befinden und deswegen ein Ausschuss von unabhängigen Verwaltungsratsmitgliedern gebildet wird.
Bestehende Aktionäre durch Andienung oder Verkauf ihrer Aktien an die Anbieterin und Vorliegen zusätzlicher Elemente
Ein Aktionär, welcher der Anbieterin vor dem Angebot eine bedeutende Beteiligung an der Zielgesellschaft verkauft bzw. eine Andienungserklärung unterzeichnet, ist nicht ohne Weiteres als in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handelnd anzusehen.
Eine gemeinsame Absprache liegt aber dann vor, wenn der Aktionär sein Verhalten zusätzlich mit der Anbieterin koordiniert bzw. Einfluss auf Modalitäten und Bedingungen des Angebots nimmt oder allgemein, wenn zusätzliche Elemente bestehen, die zusammen mit einer abgeschlossenen Andienungsvereinbarung ein Handeln in gemeinsamer Absprache im Hinblick auf eine Angebot begründen.
Bestehende Aktionäre durch den Abschluss von Stimmrechtsvereinbarungen mit der Anbieterin
Stimmrechtsvereinbarungen von Aktionären mit der Anbieterin haben gewissermassen die gleiche Funktion wie Annahmeverpflichtungen. Sie erhöhen die Chance, dass beim Angebot eine allfällige Annahmequote erreicht wird und das Angebot infolgedessen zustande kommt. Sie können daher unter Umständen ein Handeln in gemeinsamer Absprache begründen.
Bestehende Aktionäre durch öffentliche Unterstützung des Angebots
Unterstützt ein Aktionär oder eine diesen beherrschende Person neben der Andienung der Aktien das Angebot öffentlich bzw. verpflichtet er sich zur Unterstützung desselben, kann dies ein Handeln in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin darstellen. Demgegenüber stellen blosse Gespräche Dritter mit einem Anbieter über einen Aktienverkauf per se noch kein Handeln in gemeinsamer Absprache dar.
Absprache mit einer mit der Anbieterin in gemeinsamer Absprache handelnden Person
Personen, die mit einer mit der Anbieterin in gemeinsamer Absprache handelnden Person ihreseits durch eine bereits vor Lancierung des Angebots bestehende gemeinsamen Absprach verbunden sind, handeln mit der Anbieterin in gemeinsamer Absprache.
Gleichzeitige Beteiligung an Anbieterin und Zielgesellschaft
Die gleichzeitige Beteiligung eines Aktionärs an der Anbieterin und an der Zielgesellschaft begründet für sich allein keine gemeinsame Absprache dieses Aktionärs mit der Anbieterin
Zusammenfassung zu einem Konzern oder einer Unternehmensgruppe durch eine Mehrheit von Stimmrechten oder durch anderweitige Beherrschung
Begriff "Mehrheit von Stimmrechten"
Eine Beherrschung durch eine Mehrheit von Stimmrechten im Sinne von Art. 12 FinfraV-FINMA ist bei einer Beteiligung von über 50% der Stimmrechte zu bejahen.
Von der Anbieterin direkt und indirekt beherrschte Gesellschaften und Personen
Alle von der Anbieterin direkt und indirekt beherrschten Gesellschaften und Personen gelten ohne weiteres als in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handelnde Personen.
Jüngste Anwendungsfälle aus der UEK-Praxis:
Von der Anbieterin beherrschte ausländische Anlagevehikel
Üben die Anbieterin und eine die Anbieterin beherrschende natürliche oder juristische Person direkt oder indirekt die Funktion eines geschäftsführenden Mitglieds (Managing Member) einer Limited Liability Company oder eines General Partners bei einer Limited Partnership aus, dann gelten die so kontrollierten Einheiten und Anlagevehikel als in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handelnd.
Zielgesellschaft (und die von ihr kontrollierten Gesellschaften) nach Kontrollerwerb durch die Anbieterin
Ab Vollzug eines Aktienkaufvertrags, mit dem die Anbieterin mehr als 50% der Stimmrechte an der Zielgesellschaft hält, handeln letztere und alle von ihr kontrollierten Gesellschaften im Hinblick auf das Angebot in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin.
Zielgesellschaft (und die von ihr kontrollierten Gesellschaften) bei Beherrschung durch die, auch die Anbieterin kontrollierenden Aktionäre
Die Zielgesellschaft, welche durch die die Anbieterin ebenfalls beherrschenden Aktionäre kontrolliert wird, und zusammen mit diesen und weiteren Aktionären im Hinblick auf ein bevorstehendes Going Private einen ABV abgeschlossen hat, handelt in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin.
Direkt oder indirekt beherrschende Aktionäre (und die von ihnen beherrschten Gesellschaften) der Anbieterin
Aktionäre, welche die Anbieterin (ganz oder mehrheitlich, d.h. mit mehr als 50% der Stimmrechte) beherrschen, einschliesslich die sie allenfalls beherrschenden Aktionäre sowie die von ihnen allenfalls direkt oder indirekt beherrschten Gesellschaften, gelten als in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handelnd.
Direkt oder indirekt beherrschende Aktionäre einer mit der Anbieterin in gemeinsamer Absprache handelnden Gesellschaft
Aktionäre, welche eine in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handelnde Gesellschaft (ganz oder mehrheitlich, d.h. mit mehr als 50% der Stimmrechte) beherrschen, gelten als in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handelnd.
Kriterium der „Beherrschung auf andere Weise“ nach altem Recht
Eine Koordination mit der Anbieterin aufgrund einer "Beherrschung auf andere Weise" i.S.v. altArt. 10 Abs. 2 lit. c BEHV-FINMA ist aufgrund der Umstände des Einzelfalls zu prüfen.
Staaten bzw. Anstalten/Körperschaften als beherrschende Aktionäre der Anbieterin
Eine Mehrheitsbeteiligung von öffentlich-rechtlichen Anstalten / Körperschaften (ausländischen oder schweizerischen Rechts) an einer Anbieterin ist alleine nicht ausreichend, um diese als mit der durch sie beherrschten Anbieterin in gemeinsamer Absprache hinsichtlich eines Angebots handelnd zu betrachten. Wenn das entsprechende Gemeinwesen von dessen Kontrollmöglichkeit keinen Gebrauch macht, ist die Anwendung der Pflichten von Art. 12 UEV auf das entsprechende Gemeinwesen nicht gerechtfertigt. Vielmehr ist ein Handeln in gemeinsamer Absprache erst dann anzunehmen, wenn die öffentlich-rechtliche Körperschaft auf die Übernahme der Kontrolle über die Zielgesellschaft oder auf vorangegangene Entscheidungen tatsächlich Einfluss nimmt oder in allgemeiner Weise auf strategische Entscheidungen der Anbieterin einwirkt. Die tatsächliche Einflussnahme ist im Einzelfall anhand von Indizien zu prüfen. (Praxisänderung durch Verfügung 562/02 vom 3. Juli 2014 in Sachen PubliGroupe SA).
Indizien für eine tatsächliche Einflussnahme von öffentlich-rechtlichen Anstalten/Körperschaften auf eine Anbieterin sind namentlich die Zusammensetzung des Verwaltungsrates, die Anzahl der durch das Gemeinwesen nominierten Vertreter im Verwaltungsrat sowie deren Nähe zum nominierenden Gemeinwesen, die Ebene und die Intensität der Einflussnahme des Gemeinwesens auf die Aktivitäten der Anbieterin, die Existenz einer rechtlichen oder faktischen Staatsgarantie zugunsten der Anbieterin, die Zurverfügungstellung von Mitteln zugunsten der Anbieterin oder die Verteilung des Gewinns zugunsten des Gemeinwesens.
Eine Unterscheidung zwischen ausländischen Staaten einerseits und öffentlich-rechtlichen Anstalten und Körperschaften schweizerischen Rechts andererseits ist bei der Frage, ob sie mit der durch sie beherrschten Anbieterin als in gemeinsamer Absprache handelnd zu betrachten sind, nicht (mehr) gerechtfertigt.
Praxis zum Begriff „Handeln in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe“ im übernahmerechtlichen Kontext des Auslösens der Angebotspflicht im Besonderen
Zum Begriff „Handeln in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe“ im übernahmerechtlichen Kontext des Auslösens der Angebotspflicht gemäss Art. 135 Abs. 1 FinfraG, vgl. die Praxis und Kommentierung zu Art. 33 FinfraV-FINMA (i.V.m. Art. 12 FinfraV-FINMA) sowie zu Art. 135 Abs. 1 FinfraG.
Verfügung 639/01 vom 28. September 2016 in Sachen Looser Holding AG, Sachverhalt F und Erw. 3, Rz. 7-9 i.V.m. Angebotsprospekt Abschnitt E, Ziffer 8
Sachverhalt:
[...]
F.
Am 14. September 2016 schlossen AFG und Looser eine Transaktionsvereinbarung (Transaktionsvereinbarung) ab, in welcher sich AFG u.a. verpflichtet, das vorliegende öffentliche Kauf- und Tauschangebot (Angebot von AFG) zwecks Übernahme aller sich im Publikum befindenden Looser-Aktien zu unterbreiten, und sich der Verwaltungsrat von Looser verpflichtet, den Aktionären von Looser das Angebot von AFG einstimmig und unbedingt zur Annahme zu empfehlen. Nebst der Regelung der Bedingungen, denen das Angebot von AFG unterliegt, sowie der Rechte und Pflichten der Zielgesellschaft und der Anbieterin beinhaltet die Transaktionsvereinbarung v.a. auch die Ausgestaltung und Durchführung des Angebots von AFG (vgl. Angebotsprospekt, Abschnitt E Ziff. 8).
[...]
3. Handeln in gemeinsamer Absprache mit AFG
[7] Für Personen, die im Hinblick auf ein Angebot in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe mit der Anbieterin handeln, gilt Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA sinngemäss (Art. 11 Abs. 1 UEV). Sie haben die Pflichten nach Art. 12 UEV einzuhalten, was von der Prüfstelle zu überprüfen ist.
[8] Nach Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA handelt in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe, wer seine Verhaltensweise im Hinblick auf den Erwerb oder die Veräusserung von Beteiligungspapieren oder die Ausübung von Stimmrechten mit Dritten durch Vertrag oder andere organisierte Vorkehren abstimmt (siehe zum Ganzen auch Rudolf Tschäni/Hans-Jakob Diem/Jacques Iffland/Tino Gaberthüel, Öffentliche Kaufangebote, Zürich/Basel/Genf 2014, Rn 562 ff.).
[9] Gemäss Praxis der Übernahmekommission zu Art. 11 Abs. 1 UEV handeln Personen im Hinblick auf ein Angebot in gemeinsamer Absprache mit dem Anbieter, die hinsichtlich des Unterbreitens eines öffentlichen Kauf- bzw. Tauschangebots und dessen Bedingungen ihr Verhalten koordiniert bzw. sich über das Angebot und dessen Bedingungen geeinigt haben (vgl. Verfügung 573/01 vom 8. August 2014 in Sachen Schweizerische National-Versicherungs-Gesellschaft AG, Erw. 3.2.2; Verfügung 428/01 vom 12. Oktober 2009 in Sachen Athris Holding AG, Erw. 6).
[...]
_____________________
Angebotsprospekt vom 29.09.2016
E. INFORMATIONEN ÜBER DIE ZIELGESELLSCHAFT
[...]
8. Vereinbarungen zwischen der Anbieterin und der Zielgesellschaft, deren Organen und Aktionären
Am 12. April 2016 schlossen die AFG und die Looser eine marktübliche Vertraulichkeitsvereinbarung ab, die durch die unten beschriebene Transaktionsvereinbarung abgelöst wurde.
Am 14. September 2016 schlossen die AFG und die Looser eine Transaktionsvereinbarung ab, die ihre gegenseitigen Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem Angebot regelt. Die Transaktionsvereinbarung hat im Wesentlichen den folgenden Inhalt:
- Die AFG verpflichtete sich, vorbehältlich einer besseren Konkurrenzofferte, gemäss den Bedingungen der Transaktionsvereinbarung, ein freiwilliges öffentliches Kaufund Tauschangebot für sämtliche im Publikum gehaltenen LOHN-Aktien gemäss Art. 125 ff. FinfraG und den dazugehörigen Verordnungen zu unterbreiten, und zwar entsprechend den Bestimmungen und Bedingungen, die in diesem Prospekt vorgesehen sind, sowie innerhalb des in diesem Prospekt vorgesehenen Zeitplans.
- Der Verwaltungsrat der Looser verpflichtete sich, den Aktionären der Looser die Annahme des Angebots einstimmig und unbedingt zu empfehlen. Er hat dazu den in diesem Prospekt enthaltenen Verwaltungsratsbericht verabschiedet.
- Für den Fall einer besseren Konkurrenzofferte hat sich der Verwaltungsrat der Looser verpflichtet, seine Empfehlung, das Angebot der AFG anzunehmen, nur unter bestimmten Bedingungen zu modifizieren bzw. zurückzuziehen. Diese Bedingungen verlangen u.a. eine vorgängige begründete Mitteilung an die AFG.
- Für die Dauer der Transaktionsvereinbarung hat sich die Looser verpflichtet, ihre Geschäfte in der üblichen Art und Weise und im Wesentlichen in Übereinstimmung mit der Praxis der letzten zwei Jahre vor Abschluss der Transaktionsvereinbarung zu führen und dafür zu sorgen, dass ihre Tochtergesellschaften dasselbe tun. Dies beinhaltet mitunter die Einhaltung der Pflichten einer Partei, die für die Zwecke eines öffentlichen Angebots mit einem Anbieter in gemeinsamer Absprache handelt.
- Als Ausnahme von der ordentlichen Geschäftsführung ist vorgesehen, dass die Looser den Verkauf des Segments Beschichtungen fortsetzen darf. Sie benötigt für diesen Verkauf aus übernahmerechtlichen Gründen die Zustimmung der Generalversammlung der Looser und aufgrund der Transaktionsvereinbarung die Zustimmung der AFG.
- Die AFG hat sich ebenfalls zur ordentlichen Geschäftsführung während der Dauer der Transaktionsvereinbarung verpflichtet sowie dazu, keine Kapitalveränderungen vorzunehmen, ausser der Privatplatzierung von maximal 2'640'000 AFGN-Aktien (vgl. Abschnitt C.6) und der zum Vollzug dieses Angebots erforderlichen Kapitalerhöhung.
- Die Looser verpflichtete sich, spätestens auf den 15. Börsentag der im Angebotsprospekt vorgesehenen Angebotsfrist eine ausserordentliche Generalversammlung einzuberufen, welcher die Aufhebung der Prozentbeschränkung bei der Aktienübertragung gemäss Art. 6 Abs. 2 der Statuten zur Entscheidung vorzulegen ist. Ebenfalls sollen dort die Veräusserung des Segments Beschichtungen zur Genehmigung vorgelegt und die von der AFG bezeichneten Personen zur Wahl in den Verwaltungsrat der Looser bedingt und mit Wirkung auf den Zeitpunkt des Kontrollerwerbs durch AFG vorgeschlagen werden.
- Die AFG verpflichtete sich, spätestens auf den 15. Börsentag der im Angebotsprospekt vorgesehenen Angebotsfrist eine ausserordentliche Generalversammlung einzuberufen, der die Schaffung des für den Vollzug des Angebots erforderlichen genehmigten Aktienkapitals, sowie bedingt und mit Wirkung auf den Kontrollerwerb durch die AFG die Wahl von Herrn Dr. Rudolf Huber und Herrn Thomas Lozser in den Verwaltungsrat der AFG und die Änderung der Firma in Arbonia AG als Traktanden vorzulegen sind.
- Die Looser hat sich unter der Voraussetzung, dass Art. 6 Abs. 2 der Statuten an der vorgenannten Generalversammlung aufgehoben wird, verpflichtet, die AFG auf deren Aufforderung hin für sämtliche durch die AFG erworbenen LOHN-Aktien mit sämtlichen Rechten in das Aktienbuch der Looser einzutragen.
- Die Transaktionsvereinbarung sieht den Rücktritt sämtlicher Mitglieder des Verwaltungsrats der Looser bedingt und mit Wirkung auf den Zeitpunkt des Kontrollerwerbs durch die AFG vor.
- Für die Dauer der Transaktionsvereinbarung hat sich die Looser verpflichtet, weder das Angebot bezüglich eigener LOHN-Aktien anzunehmen noch irgendwelche eigene LOHN-Aktien zu veräussern oder im Markt zu erwerben.
- Die AFG wird unter bestimmten Voraussetzungen dem Management und den Verwaltungsratsmitglieder der Looser Entlastung erteilen und keine Haftungsklagen gegen diese erheben.
Am 14. September 2016 hat die Artemis Beteiligungen I AG sich gegenüber der Looser verpflichtet, die an der ausserordentlichen Generalversammlung der AFG zu traktandierenden oben erwähnten Beschlüsse zu unterstützen.
Am 14. September 2016 schloss die AFG mit Alexander Looser, Beatrice Rohner-Looser, Enrica Looser, Gabrielle Hühner-Stocker, Hugo Looser, Irmgard Stocker-Looser, Leo Looser, Marcella Looser-Paardekooper, Marco Stocker, Marcus Lozser, Martin Looser, Reto Looser, Rita Zehnder-Stocker, Thomas Lozser, Andreas Stocker, Emil Looser, Myrta Looser und Silvan Looser (die "Familienaktionäre") sowie mit Rudolf Huber, Rudolf Hadorn, Christian Wenger, Paul Zumbühl und Christoph Fierz (die "Managementaktionäre") einen Aktienkaufvertrag ab, worin sie sich unter bestimmten Bedingungen verpflichtete, 2'026'928 LOHN-Aktien der Familienaktionäre und Managementaktionäre zu einem Preis von 5.5 AFGN-Aktien zuzüglich CHF 23.00 in bar pro LOHN-Aktie, zuzüglich eines Spitzenausgleichs, zu erwerben und dieses öffentliche Angebot für die im Publikum gehaltenen LOHN-Aktien zu unterbreiten. Die Bedingungen des Erwerbs sind ähnlich wie diejenigen dieses Angebots, und die Verkäufer haben sich verpflichtet, sich so zu verhalten, dass die Erfüllung der Bedingungen des Kaufvertrags begünstigt werden. Die AFG hat sich verpflichtet, die unter dem Aktienkaufvertrag erworbenen Aktien nicht einem Anbieter eines konkurrierenden Angebots zu verkaufen. Der Aktienkaufvertrag enthält weitere Pflichten:
- Die Verkäufer verpflichten sich, bestimmte Handlungen zu unterlassen, die eine ordentliche Geschäftsführung der Zielgesellschaft gefährden könnten, ausser dass der Verkauf des Segments Beschichtungen fortgesetzt werden darf.
- Ebenfalls haben sich die Verkäufer dazu verpflichtet, bis zum Ablauf der Best Price Regel keinen Handel in LOHN- und, mit bestimmten Ausnahmen in AFGN-Aktien zu betreiben.
- Die AFG hat zugestimmt, den oben erwähnten ersten vierzehn Familienaktionären jeweils zusammen die Möglichkeit zu geben, zwei Personen zur Wahl in den Verwaltungsrat der AFG vorzuschlagen, solange diese Familienaktionäre zusammen mindestens 10% der Stimmrechte der AFG halten. Fällt deren Anteil zwischen 5% und 10% reduziert sich die Anzahl Personen auf eine. Dieses Recht gilt bis zur ordentlichen Generalversammlung 2019. Der Verwaltungsrat kann sich nur dann weigern, die betreffenden Personen vorzuschlagen, wenn wichtige sachliche Gründe vorliegen. Die AFG hat sich weiter verpflichtet, die Anzahl vorgeschlagener Verwaltungsratsmitglieder auf die Generalversammlung 2017 auf maximal acht und auf die Generalversammlung 2018 auf maximal sieben zu senken.
- Die ersten vierzehn oben erwähnten Familienaktionäre sind einen üblichen Lock-Up bis zum 15. September 2017 eingegangen, der 9'490'057 AFGN-Aktien betreffen wird (d.h. eine Ausnahme pro Familienaktionär von 50'000 AFGN-Aktien vorsieht), und alle Verkäufer haben sich bis zur Generalversammlung 2019 der AFG verpflichtet, beim Verkauf von Paketen über 300'000 AFGN-Aktien, die AFG in die Veräusserung angemessen miteinzubeziehen.
- Die AFG hat sich verpflichtet, bestimmte Massnahmen zu unterlassen, die zu einer indirekten Teilliquidation der Zielgesellschaft führen könnten. Die AFG hat im Rahmen ihrer operativen Tätigkeit keine vertraglichen Beziehungen mit der Looser bzw. mit Personen, die mit ihr in gemeinsamer Absprache handeln (davon ausgenommen die Tochtergesellschaften der AFG, Herr Michael Pieper und die von ihm kontrollierten juristischen Personen). Ausser den vorgenannten Vertragsbeziehungen bestehen keine weiteren Vereinbarungen zwischen der Looser, deren Organen oder Aktionären und der AFG oder der in gemeinsamer Absprache mit der AFG handelnden Personen (mit Ausnahme der Looser).
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