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Praxis zu Art. 125 Abs. 1 FinfraG (vormals Art. 22 Abs. 1 BEHG)

Begriff "öffentliches Kaufangebot"

Vgl. zum Begriff "öffentliches Kaufangebot" die Praxis und Kommentierung zu Art. 2 lit. i FinfraG.

Anwendung auf Zielgesellschaften "mit Sitz in der Schweiz" deren Beteiligungspapiere in der Schweiz kotiert sind (lit. a)

Frühere Praxis zur Bestimmung des Begriffs "schweizerische Gesellschaft"

Ob eine Zielgesellschaft als „schweizerische" Zielgesellschaft gilt, ist grundsätzlich aufgrund der im schweizerischen Internationalen Privatrecht geltenden Inkorporationstheorie zu bestimmen, d.h. aufgrund desjenigen Rechts, unter welchem die Zielgesellschaft gegründet wurde.

Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 435/01 vom 17. November 2009 in Sachen Transocean Ltd., Erw. 1.1, Rz. 1-2

(ergangen unter Art. 22 Abs. 1 aBEHG bezüglich der Bestimmung des Begriffes "schweizerische Gesellschaft")

Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Empfehlung 159/01 vom 28. März 2003 in Sachen Perutil SA, Erw. 2.2-2.3

(ergangen unter Art. 22 Abs. 1 aBEHG bezüglich der Bestimmung des Begriffes "schweizerische Gesellschaft"). Nach früherer Praxis rechtfertigt sich die Annahme eines faktischen Sitzes – nicht zuletzt aus Gründen der Rechtssicherheit – nur dann, wenn klare Verhältnisse vorliegen, d.h. wenn die für einen Sitz in der Schweiz sprechenden Elemente sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht deutlich überwiegen. In casu Qualifikation einer in Panama inkorporierten, in der Schweiz kotierten Gesellschaft als "schweizerische Gesellschaft" mangels faktischen Sitzes in der Schweiz verneint; Caveat: Ob nach der Revision BEHG vom 1. Mai 2013 noch Raum für die ausnahmsweise Annahme eines faktischen Sitzes in der Schweiz besteht, ist äusserst fraglich.).

Anwendung auf Zielgesellschaften, deren Partizipationsscheine, nicht aber deren Aktien, in der Schweiz kotiert sind

Die Bestimmungen über öffentlichen Kaufangebote sind auch auf eine Zielgesellschaft anwendbar, die nur Partizipationsscheine, welche Beteiligungspapiere i.S.v. Art. 125 FinfraG darstellen (Art. 2 lit. i FinfraG), nicht aber Aktien an einer Börse in der Schweiz kotiert hat.

Anwendung auf Zielgesellschaften "mit Sitz im Ausland", deren Beteiligungspapiere in der Schweiz "hauptkotiert" sind (lit. b)

Weitere Praxis zum Geltungsbereich des Schweizer Übernahmerechts

Anwendung auch bei laufendem Dekotierungsverfahren

Für die Anwendbarkeit des Übernahmerechts reicht es aus, dass die Kotierung im Zeitpunkt der Voranmeldung (noch) vorliegt. Eine spätere Dekotierung ändert nichts. Die übernahmerechtlichen Bestimmungen bleiben auch in einem solchen Fall während der gesamten Dauer des öffentlichen Kaufangebots, d.h. bis zum Vollzug und darüber hinaus bis zum Ablauf der Periode der Best Price Rule gemäss Art. 10 UEV anwendbar. Das Übernahmerecht ist auch anwendbar auf ein nach Dekotierung lanciertes konkurrierendes Angebot.

Anwendung auch im Vorfeld einer Kotierung bei Bestehen eines Feststellungsinteresses

Im Vorfeld einer Kotierung sind die übernahmerechtlichen Bestimmungen anwendbar, sofern ein Feststellungsinteresse an der Klärung einer übernahmerechtlichen Frage besteht.

Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 604/01 vom 8. Juni 2015 in Sachen Cassiopea S.p.A., Erw. 1, Rz. 1-3

(in casu Feststellungsinteresse bejaht und übernahmerechtliche Fragen geprüft betreffend Gesuch um Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der Angebotspflicht im Zusammenhang mit der bevorstehenden Kotierung)

Beteiligungspapiere, die Gegenstand des Angebots sind, brauchen nicht selbst kotiert zu sein, wenn Zielgesellschaft in der Schweiz börsenkotiert

Schweizer Übernahmerecht ist auch auf den Rückkauf von Wandelanleihen anwendbar, die weder in der Schweiz noch im Ausland kotiert sind, soweit die Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft (zumindest teilweise) an einer Börse in der Schweiz kotiert sind. Die Beteiligungspapiere, die Gegenstand des Angebots sind, brauchen hingegen nicht selbst kotiert zu sein.

Ausnahmsweise Anwendung des Schweizer Übernahmerechts trotz fehlender Kotierung

Begründung und Anwendungsfälle

Der Zweck des Übernahmerechts, den Prinzipien der Transparenz, Lauterkeit und der Gleichbehandlung sowie dem Schutz der Minderheitsaktionäre zum Durchbruch zu verhelfen, gebietet es, die übernahmerechtlichen Bestimmungen unter gewissen Umständen auf einen Fall analog anzuwenden, obwohl es (formal) an der Voraussetzung der Kotierung der Aktien der Zielgesellschaft fehlt.

Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 556/02 vom 2. Februar 2014 in Sachen Walter Meier AG / WM Technologie AG, Erw. 1, Rz. 2 Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 511/01 vom 8. Mai 2012 in Sachen BT & T Timelife AG, Erw. 2, Rz. 4

(in casu Frage offen gelassen, ob die Gültigkeitserfordernisse für ein nachträglich eingeführtes Opting-out gemäss damals geltenden Art. 22 Abs. 3 BEHG auch auf die Opting-out-Klausel der (noch) nicht-kotierten absorbierenden Gesellschaft in einer geplanten Absorptionsfusion anzuwenden wären)

Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 422/01 vom 19. August 2009 in Sachen LO holding Lausanne-Ouchy S.A. / JJM Participations SA, Erw. 1, Rz. 2

(in casu Anwendung auf Tauschangebot der Mobimo Holding AG auf Beteiligungspapiere der kotierten LO holding sowie der nicht kotierten Beteiligungsgesellschaft JJM Participations, die ausschliesslich Beteiligungspapiere der kotierten LO holding hält)

Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 406/01 vom 17. März 2009 in Sachen Hammer Retex Holding AG, Erw. 1, Rz. 2 Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Empfehlung 365/01 vom 5. Mai 2008 in Sachen Eichhof Getränke Holding AG, Erw. 1, Rz. 2-3 Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Empfehlung 188/01 vom 31. März 2004 in Sachen Clair Finanz Holding AG, Erw. 1.3