UEK-Rundschreiben Nr. 1: Rückkaufprogramme
vom 27. Juni 2013 (Stand am 1. Januar 2016*)
Angebote zum Kauf eigener, börsenkotierter Beteiligungspapiere (Beteiligungspapiere) durch eine Emittentin (Anbieter) zum Fixpreis, die sich öffentlich an die Inhaber dieser Beteiligungspapiere richten, sind öffentliche Kaufangebote im Sinne von Art. 2 lit. i des Bundesgesetzes über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel (FinfraG). Dasselbe gilt für öffentliche Rückkaufprogramme zum Marktpreis oder durch die Ausgabe von Put-Optionen durch eine Emittentin. Diese Transaktionen (gemeinsam: Rückkaufprogramme) unterstehen den Bestimmungen des 4. Kapitels des FinfraG, der Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel (FinfraV-FINMA) und der Verordnung der Übernahmekommission über öffentliche Kaufangebote (UEV).
Am 1. Januar 2016 tritt die Verordnung über die Finanzmarktstrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel (FinfraV) in Kraft. Diese Verordnung enthält Vorschriften, die marktmissbräuchliches Verhalten bekämpfen. Art. 120 bis 122 FinfraV legen für Rückkaufprogramme fest, welche Verhaltensweisen zulässig sind und weder Insiderhandel (i.S.v. Art. 142 FinfraG) noch Marktmanipulation (i.S.v. Art. 143 FinfraG) darstellen.
Die Übernahmekommission ist für die Auslegung und Anwendung der Artikel 125 bis 141 FinfraG zuständig. Die Einhaltung der Vorschriften zum Marktmissbrauch wird hingegen nicht durch die Übernahmekommission, sondern durch die FINMA überwacht.
Gestützt auf Art. 4 Abs. 2 UEV regelt dieses Rundschreiben die Voraussetzungen und Auflagen, denen Rückkaufprogramme entsprechen müssen, damit sie von der Anwendung der ordentlichen Bestimmungen des Übernahmerechts freigestellt sind.
Das Meldeverfahren (Kap. 6.1) ist anwendbar auf Rückkaufprogramme, welche die Voraussetzungen und Auflagen gemäss den Kapiteln 1-4* dieses Rundschreibens vollständig erfüllen. In den übrigen Fällen erlässt die Übernahmekommission eine Verfügung (Kap. 6.2).
Wird ein Rückkaufprogramm im Meldeverfahren freigestellt, so ersetzt dieses Rundschreiben die ordentlichen Bestimmungen des Übernahmerechts. Erlässt die Kommission hingegen eine Verfügung, so kann sie auf Voraussetzungen und Auflagen dieses Rundschreibens verzichten und das Rückkaufprogramm ganz oder teilweise den ordentlichen Bestimmungen des Übernahmerechts unterstellen. Bewilligt die Übernahmekommission Ausnahmen von den Rn 11 (gesamtes Volumen der Rückkäufe) oder 23 (tägliches Volumen der Rückkäufe), so gelten diese auch für die Anwendung der Bestimmungen zum Verbot des Insiderhandels und des Marktmissbrauchs (vgl. Art 120 Abs. 3 FinfraV).
Die Freistellung eines Rückkaufprogramms von der Einhaltung gewisser Bestimmungen zum Übernahmerecht befreit den Anbieter nicht davon, die Vorschriften des Obligationenrechts einzuhalten, wofür der Verwaltungsrat des Anbieters verantwortlich bleibt. Die Übernahmekommission prüft die Einhaltung von Art. 659 OR grundsätzlich nicht.
1. Gemeinsame Voraussetzungen für alle Rückkaufprogramme
Der oder die Zwecke des Rückkaufprogramms sind präzise und vollständig zu formulieren.
Das Rückkaufprogramm erstreckt sich auf alle Kategorien von kotierten Beteiligungspapieren des Anbieters.
Die Vernichtung von zurückgekauften Beteiligungspapieren darf nicht zu einer erheblichen Änderung der Kontrollverhältnisse über den Anbieter führen, insbesondere durch eine Überschreitung der Grenzwerte von 33 1/3 oder 50 Prozent der Stimmrechte. Eine allenfalls geplante Vernichtung bereits gehaltener Beteiligungspapieren ist dabei ebenfalls zu berücksichtigen.
Das Volumen der Rückkäufe übersteigt gesamthaft weder 10 Prozent des Kapitals und der Stimmrechte noch 20 Prozent des frei handelbaren Anteils der Beteiligungspapiere.
Nicht zum frei handelbaren Anteil gehören: Direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten gehaltene, Beteiligungen von mehr als 5 Prozent, berechnet am Tag der Einreichung des Gesuchs. Der frei handelbare Anteil ist für jede Kategorie von Beteiligungspapieren separat zu berechnen, auf die sich das Rückkaufprogramm erstreckt.
Die Durchführung des Rückkaufprogramms führt nicht dazu, dass Mindestschwellen unterschritten werden, welche Kotierungsvoraussetzung gemäss den Bestimmungen der Börse sind, an welcher die Beteiligungspapiere kotiert sind.
2. Gemeinsame Auflagen für alle Rückkaufprogramme
Die Preise, die für verschiedene Kategorien von Beteiligungspapieren angeboten werden, müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen.
Der Anbieter darf ausserhalb des Rückkaufprogramms für den (oder die) angekündigten gleichen Zweck(e) keine Beteiligungspapiere, auf die sich das Rückkaufprogramm bezieht, ausserhalb desselben kaufen.
3. Angebote zum Festpreis und Rückkaufprogramme durch die Ausgabe von Put-Optionen
3.1 Zusätzliche Voraussetzungen
Das Angebot darf nicht an Bedingungen geknüpft sein.
Das Angebot muss mindestens zehn Börsentage dauern.
3.2. Zusätzliche Auflagen
Falls der Anbieter nicht alle Annahmeerklärungen erfüllen kann, muss er sie anteilsmässig berücksichtigen.
Falls der Anbieter während der Dauer des Rückkaufprogramms Beteiligungspapiere zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwirbt, muss er diesen Preis allen Angebotsempfängern bieten.
Spätestens am dritten Börsentag nach Ablauf des Rückkaufprogramms bestätigt der Anbieter der Übernahmekommission, dass die Auflagen gemäss Rn 14-15, 18-19 und 27 eingehalten wurden.
4. Rückkaufprogramme zum Marktpreis
4.1 Zusätzliche Voraussetzungen
Das Rückkaufprogramm darf höchstens drei Jahre dauern.
4.2 Zusätzliche Auflagen
Bezieht sich das Rückkaufprogramm auf mehrere Kategorien von Beteiligungspapieren, muss der Anbieter gleichzeitig für jede Kategorie einen Geldkurs stellen.
Art. 123 Abs. 1 lit. c FinfraV regelt, dass „der Umfang der Rückkäufe pro Tag 25 Prozent des Tagesvolumens nicht übersteigt, das während dreissig Tagen vor der Veröffentlichung des Rückkaufprogramms auf der ordentlichen Handelslinie durchschnittlich gehandelt wurde“.
Das durchschnittlich gehandelte Tagesvolumen gemäss Rn 23 berechnet sich aus der Summe der Transaktionen auf der ordentlichen Handelslinie an der Börse im Auftragsbuch sowie an der Börse ausserhalb des Auftragsbuches, geteilt durch die Anzahl Handelstage während der dreissig Kalendertage vor Publikation des Inserates.
Der Anbieter bestätigt zuhanden der Übernahmekommission, dass die Auflagen gemäss Rn 15 und 27 eingehalten wurden.
Die Bank oder der Effektenhändler, die bzw. der mit der Durchführung des Rückkaufprogramms beauftragt wurde, bestätigt zuhanden der Übernahmekommission, dass die Auflagen gemäss Rn 14 und 22-23a eingehalten wurden.
Die Bestätigungen gemäss Rn 24 und 25 müssen spätestens am dritten Börsentag nach Ablauf des Rückkaufprogramms abgegeben werden, mindestens aber einmal pro Jahr.
5. Veröffentlichung der Transaktionen
Der Anbieter veröffentlicht während eines Rückkaufprogramms auf seiner Website spätestens am fünften Börsentag nach der Vornahme:
- die Käufe eigener Beteiligungspapiere innerhalb des Rückkaufprogramms, ungeachtet dessen, ob sie auf der ordentlichen oder auf einer separaten Handelslinie erfolgen;
- die Käufe eigener Beteiligungspapiere ausserhalb des Rückkaufprogramms;
- die Verkäufe eigener Beteiligungspapiere, welche nicht ausschliesslich zur Erfüllung von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen erfolgen.
Diese Informationen sind mindestens während zwölf Monaten nach Abschluss des Rückkaufprogramms auf der Webseite des Anbieters abrufbar.
Die Veröffentlichung erfolgt für jedes Beteiligungspapier (identifiziert mit Ticker und ISIN) separat und enthält folgende Angaben:
- Transaktionsart (vgl. Rn 27);
- Datum;
- Anzahl Beteiligungspapiere;
- Preis, ohne Zusatzkosten wie Gebühren, Kommissionen etc.;
- Handelsplatz, falls mehr als ein Handelsplatz vorhanden ist.
Alternativ zur Veröffentlichung jeder einzelnen Transaktion gemäss Rn 28 können die Transaktionen für jeden Börsentag aggregiert pro Transaktionsart (vgl. Rn 27) veröffentlicht werden. Als Preis ist in diesem Fall der volumengewichtete Durchschnittskurs (VWAP) der Transaktionen sowie der höchste und tiefste Preis, zu dem die Transaktionen getätigt wurden, anzugeben.
Zudem ist die aktuelle Gesamtzahl der bisher innerhalb und ausserhalb des Rückkaufprogramms erworbenen bzw. veräusserten Beteiligungspapiere (absolute Zahl und Prozent) anzugeben. Die Angabe in Prozent richtet sich nach der Bezugsgrösse (Kapital oder Stimmrechte), welche auch Grundlage für die Berechnung gemäss Rn 11 bildet.
Der Anbieter gibt im Rückkaufinserat (Rn 40) die genaue Internetadresse an, auf welcher die Veröffentlichung der Transaktionen erfolgt.
6. Verfahren
6.1 Meldeverfahren
Sofern das Rückkaufprogramm den Voraussetzungen und Auflagen gemäss den Kapiteln 1 bis 4 entspricht, findet das Meldeverfahren Anwendung.
Der Anbieter gibt das Rückkaufprogramm mindestens fünf Börsentage vor der geplanten Publikation des Rückkaufinserats in den elektronischen Medien mit dem Formular „Meldung eines Rückkaufprogramms" der Übernahmekommission bekannt. Dem Formular ist ein Entwurf des Textes des Rückkaufinserats beizulegen, je auf Deutsch und Französisch.
Erscheinen die Voraussetzungen einer Freistellung im Meldeverfahren erfüllt, so bestätigt das Sekretariat der Übernahmekommission innerhalb von drei Börsentagen nach Eingang dieser Dokumente dass es vom Rückkaufprogramm Kenntnis genommen hat und dass keine Verfügung der Übernahmekommission erforderlich ist.
Für die Prüfung eines Rückkaufprogramms im Meldeverfahren ist eine Gebühr zu entrichten. Diese beträgt 0.5 Promille des Gesamtbetrags des Angebots, höchstens aber CHF 20'000.
6.2 Verfügung der Übernahmekommission
Über Rückkaufprogramme, die nicht im Meldeverfahren (Kap. 6.1) freigestellt sind, entscheidet die Übernahmekommission mit Verfügung.
In diesem Fall hat der Anbieter ein Gesuch zu unterbreiten, welches das Formular der Übernahmekommission „Meldung eines Rückkaufprogramms“ ergänzt. Er begründet insbesondere diejenigen Punkte, die von den Bestimmungen des vorliegenden Rundschreibens abweichen. Das Gesuch ist der Übernahmekommission mindestens 20 Börsentage vor der Lancierung des Rückkaufprogramms einzureichen.
Die Übernahmekommission kann von den Voraussetzungen und Auflagen dieses Rundschreibens abweichen. Falls notwendig unterstellt sie das Rückkaufprogramm ganz oder teilweise den ordentlichen Bestimmungen für öffentliche Kaufangebote.
Das Rückkaufprogramm kann erst nach einer Frist von zehn Börsentagen nach der Veröffentlichung der Verfügung lanciert werden.
Kapitel 12 der UEV ist anwendbar. Die Gebühr bestimmt sich nach Art. 118 Abs. 1 und 2 FinfraV.
6.3 Inhalt und Veröffentlichung des Rückkaufinserats
Der Mindestinhalt des Rückkaufinserats wird im Formular „Meldung eines Rückkaufprogramms" der Übernahmekommission geregelt. Die Übernahmekommission kann zusätzliche Informationen verlangen.
Das Rückkaufinserat ist gemäss Art. 6 und 7 UEV zu veröffentlichen.
6.4 Änderung des Rückkaufprogramms
Jede Änderung des Rückkaufprogramms, eingeschlossen die Änderung des Zwecks, ist bei der Übernahmekommission mit begründetem Gesuch zu beantragen. Die Änderung kann im Meldeverfahren geprüft werden, wenn die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. In den übrigen Fällen entscheidet die Übernahmekommission.
Nach erfolgter Prüfung ist ein Rückkaufinserat gemäss Art. 6 und 7 UEV zu publizieren.
6.5 Ende des Rückkaufprogramms
Am ersten Börsentag nach dem Ende des Rückkaufprogramms publiziert der Anbieter auf seiner Website die Anzahl der zurückgekauften Beteiligungspapiere jeder Kategorie und meldet dies der Börse und der Übernahmekommission und mindestens zwei Informationsdienstleistern. Die Übernahmekommission gibt diese Meldung auf ihrer Website wieder.
6.6 Übergangsbestimmungen
Dieses Rundschreiben ersetzt das UEK-Rundschreiben Nr.1: Rückkaufprogramme vom 7. März 2013.
Für alle laufenden Rückkaufprogramme sind die Transaktionsmeldungen gemäss Kapitel 5 des Rundschreibens Nr. 1 vom 7 März 2013 (anhand des Formular „Transaktionsmeldungen während Rückkaufprogrammen“) spätestens ab dem 1. September 2013 durch die Veröffentlichung gemäss Rn 27 bis 30 zu ersetzen.
Praxis zu UEK-Rundschreiben Nr. 1, Rn 11
Maximal-Volumen der Rückkäufe: 10% des Kapitals
Begrenzung des maximalen Volumens des Rückkaufprogramms erforderlich
Gemäss Praxis der Übernahmekommission setzt die Freistellung eines Rückkaufprogramms eine Begrenzung des maximalen Rückkaufvolumens gemessen in Anzahl Aktien bzw. Prozent des Aktienkapitals und der Stimmrechte voraus.
Missachtung der Vorschrift durch Rückkauf von zu hohem, nicht freigestelltem Volumen
Ein Aktienrückkauf (Blocktrade, auf der ersten Handelslinie), der gleichzeitig und ausserhalb eines bereits freigestellten Rückkaufprogramms (auf der zweiten Handelslinie) erfolgt, ist dem Rückkaufprogramm zuzurechnen, wenn der separate Rückkauf gemäss UEK materiell zum gleichen Zweck erfolgte wie das Rückkaufprogramm (in casu Kapitalherabsetzung). Indem die Anbieterin dadurch ein Volumen von insgesamt 19.99 % zum Zweck der Kapitalherabsetzung zurückkaufte, also doppelt so viel wie im Meldeverfahren für das Rückkaufprogramm vom März 2012 freigestellt worden war, missachtete sie Rn 11 und Rn 15 (neu Rn 8 und Rn 12 des aUEK-RS Nr. 1 vom 26. Februar 2010).
Bewilligung von Rückkäufen von über 10% der Stimmrechte
Bewilligungsvoraussetzungen
Das Volumen des Rückkaufprogramms darf gemäss Rn 11 in Verbindung mit Rn 31 (Rn 8 in Verbindung mit Rn 39 des aUEK-RS Nr. 1 vom 26. Februar 2010) nicht mehr als 10 % weder des Kapitals noch der Stimmrechte gemäss Handelsregistereintrag betragen, um im Meldeverfahren freigestellt zu sein. Ein Rückkaufvolumen von über 10% kann mittels Verfügung bewilligt werden, wenn sichergestellt ist, dass der Rückkauf weder zu einer massgeblichen Veränderung der Kontrollverhältnisse (insbesondere durch eine Konzentration der Beteiligungsverhältnisse von bestehenden Grossaktionären, die ihre Aktien nicht im Rückkaufprogramm andienen) noch zu einer übermässigen Reduktion des Free Float führt und zudem die übernahmerechtlichen Grundsätze eingehalten werden.
Bewilligungen unter Auflage der Abklärung und Veröffentlichung der Teilnahmeabsichten der grossen Aktionäre
Kann der Aktienrückkauf und die geplante anschliessende Vernichtung des Aktienbestandes zu einer gewissen Konzentration der Stimmrechte bei wichtigen Aktionären und zu einer nicht unerheblichen Verringerung des Aktienbestandes im Publikumsbesitz führen, kann die UEK der Gesuchstellerin die zusätzliche Auflage auferlegen, sich nach den Teilnahmeabsichten der Aktionäre bzw. Aktionärsgruppen mit mehr als 3% des Aktienkapitals oder der Stimmrechte zu erkundigen und diese Angaben ins Rückkaufinserat aufzunehmen (vgl. dazu auch die Praxis und Kommentierung zu Rn 10).
Maximal-Volumen der Rückkäufe: 20% des frei handelbaren Anteils
Sinn und Zweck der Begrenzung auf 20% des Free Float
Rn 11 (Rn 9 des aUEK-RS Nr. 1 vom 26. Februar 2010) hat zum Zweck, insbesondere die Minderheitsaktionäre vor übermässigen Rückkaufvolumina zu schützen, welche den Free Float und somit die Handelbarkeit der Aktie zu stark reduzieren könnten. Diejenigen Aktionäre, welche nicht am Rückkaufprogramm teilnehmen, sollen nach Abschluss desselben nicht über ein Beteiligungspapier verfügen, dessen Handelbarkeit übermässig eingeschränkt ist.
Bewilligung für Rückkaufvolumen von mehr als 20% des Free Float
Bewilligungsvoraussetzungen
Ein Rückkaufvolumen, welches 20% des Free Float überschreitet, kann mittels Verfügung bewilligt werden, wenn sichergestellt ist, dass der Free Float nicht übermässig reduziert wird und die übernahmerechtlichen Grundsätze eingehalten werden.
Volumen auszurichten am "Publikumsbesitz statt am "Free Float"?
Die UEK stellt in einem obiter dictum in Frage, ob der "Publikumsbesitz", eine Grösse der SIX, die insbesondere für die bei der Kotierung erforderliche Streuung relevant ist (mindestens 25% gemäss Art. 19 Kotierungsreglement der SIX von 12. November 2010), nicht grundsätzlich besser geeignet wäre als die Grösse des Free Floats, um die Auswirkungen eines Rückkaufprogramms auf die Liquidität zu beurteilen.
2. Überschreitung der Schwellen von Rn 8 und 9 des UEK-Rundschreibens Nr. 1
[...]
[4] Gemäss UEK-Rundschreiben Nr. 1 vom 26. Februar 2010 darf das Volumen eines Rückkaufprogramms nicht mehr als 10 % weder des Kapitals noch der Stimmrechte und nicht mehr als 20 % des Free Float betragen (Rn 8 und 9 des UEK-Rundschreibens Nr. 1), um im Meldeverfahren gemäss Rn 39 des UEK-Rundschreibens Nr. 1 freigestellt zu sein. Ein Rückkaufvolumen, welches diese Schwellen überschreitet, kann mittels Verfügung bewilligt werden, wenn sichergestellt ist, dass der Rückkauf weder zu einer massgeblichen Veränderung der Kontrollverhältnisse noch zu einer übermässigen Reduktion des Free Float führt und zudem die übernahmerechtlichen Grundsätze eingehalten sind (vgl. zuletzt Verfügung 473/01 vom 24. März 2011 in Sachen GAM Holding AG, Erw. 2.1).
2.1 Keine massgebliche Veränderung der Kontrollverhältnisse
[5] Angesichts der Aktionariatsstruktur von PubliGroupe (vgl. Sachverhalt lit. B) kann der Aktienrückkauf und die anschliessende Vernichtung von bis zu 15 % des Aktienkapitals eine gewisse Verdichtung der Beteiligung einiger Aktionäre bewirken. Allerdings ist nicht mit einer so erheblichen Veränderung der Kontrollverhältnisse zu rechnen, dass das Rückkaufvolumen zu verweigern wäre. Selbst für den Fall, dass keiner der Grossaktionäre Aktien in den Aktienrückkauf andienen sollte, würde dies nicht zu einer Verdichtung der Beteiligungen führen, die einen Kontrollwechsel bewirken könnte.
2.2 Keine Übermässige Reduktion des Free Float
[6] Gegenwärtig beträgt der Free Float 72.26 % des Aktienkapitals von PubliGroupe (vgl. Sachverhalt lit. A). Das beantragte Rückkaufvolumen beträgt maximal 375’905 PubliGroupe-Aktien, entsprechend 20.76 % des aktuellen Free Float, womit die Schwelle von 20 % gemäss Rn 9 des UEK-Rundschreibens Nr. 1 geringfügig, d.h. um höchstens 0.76 % überschritten würde. Zieht man vom aktuellen Free Float von 1’810’863 PubliGroupe-Aktien die maximal rückkaufbaren 375’905 PubliGroupe-Aktien ab, kommt man nach Durchführung der Kapitalherabsetzung auf einen neuen Free Float von 1’434’958 PubliGroupe-Aktien, entsprechend 67.36 % des Aktienkapitals (nach Kenntnis von PubliGroupe existieren keine Aktionäre mit einem Aktienbestand von unter 5 %, deren Beteiligungen durch die Kapitalherabsetzung auf über 5 % ansteigen würden, womit sie gemäss den massgebenden Bestimmungen nicht mehr dem Free Float zuzurechnen wären). Ein solcher Free Float ist gemäss Praxis der Übernahmekommission zu den Rückkaufprogrammen als ausreichend zu betrachten. Nach dieser Praxis gewährleistet ein Free Float in der Grössenordnung von 55 bis 70 % eine ausreichende Handelbarkeit (vgl. Empfehlung 390/01 vom 28. Oktober 2008 in Sachen BB Medtech, Erw. 3; Empfehlung 388/01 vom 21. Oktober 2008 in Sachen Alpine Select AG, Erw. 3).
[7] In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass der Free Float im Sinn der Regularien der SIX wesentlich vom sog. Publikumsbesitz abweicht, einer Grösse die von der SIX im Zusammenhang mit der für eine Kotierung erforderlichen Streuung verwendet wird. Gemäss dem Kotierungsreglement der SIX vom 12. November 2010 müssen Beteiligungsrechte zu mindestens 25 % im Publikumsbesitz sein, damit eine Kotierung erfolgen kann. Dabei werden grundsätzlich alle Aktionäre mit einer Beteiligung von mehr als 5 % vom Publikumsbesitz abgezogen. Dies im Gegensatz zum Free Float, zu dem auch bestimmte Arten von Aktionären mit mehr als 5 % hinzugezählt werden, wie z.B. Verwalter, Treuhänder, Anlagegesellschaften und Vorsorgeeinrichtungen. Vor diesem Hintergrund ist fraglich, ob der Publikumsbesitz nicht die grundsätzlich besser geeignete Grösse wäre, um die Auswirkung eines Rückkaufprogramms auf die Liquidität zu beurteilen. Im vorliegenden Fall ergibt sich hieraus jedoch kein Unterschied, da PubliGroupe einen Publikumsbesitz von 47.29 % hat. Damit ist – zusammen mit der nachfolgenden Auflage (vgl. Ziff. 2.3) – anzunehmen, dass die Liquidität auch nach dem Aktienrückkauf ausreichend sein wird für diejenigen Aktionäre, die beschliessen, ihre Aktien in Kenntnis der Sachlage zu behalten.
2.3. Ausnahme mit Auflage
[8] Die möglichen Auswirkungen des geplanten Aktienrückkaufs sind zwar nicht derart, dass dies eine Freistellung von der Anwendung der Bestimmungen zum Übernahmerecht ausschliessen würde. Gleichwohl weist die Aktionariatsstruktur von PubliGroupe die Besonderheit auf, dass der Aktienrückkauf (und die anschliessende Vernichtung der zurückgekauften PubliGroupe-Aktien) zu einer gewissen Konzentration der Stimmrechte bei wichtigen Aktionären und zu einer nicht unerheblichen Verringerung des Aktienbestandes im Publikumsbesitz führen kann. Dies rechtfertigt es, der Gesuchstellerin die zusätzliche Auflage zu auferlegen, sich bei jedem Aktionär bzw. jeder Aktionärsgruppe mit mehr als 3 % des Aktienkapitals oder der Stimmrechte zu erkundigen, ob er oder sie beabsichtigen, am Aktienrückkauf teilzunehmen und wenn ja, in welchem Umfang. Diese Angaben sind ins Rückkaufinserat aufzunehmen.
[9] Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass unter der oberwähnten Auflage das beantragte Rückkaufvolumen von maximal 375’905 PubliGroupe-Aktien durch Ausnahmen von Rn 8 und 9 des UEK-Rundschreibens Nr. 1 gewährt werden kann. Diese Ausnahmen stehen allerdings unter dem Vorbehalt, dass die massgeblichen Umstände – z.B. der Free Float – bis zum Zeitpunkt der Lancierung des Rückkaufprogramms keine erheblichen Änderungen erfahren.
[...]
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