Auszug aus der Verordnung
der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel
(Finanzmarktinfrastrukturverordnung-FINMA,
FinfraV-FINMA)
vom 3. Dezember 2015
5. Kapitel: Offenlegung von Beteiligungen
1. Abschnitt: Meldepflicht
Art. 10 Grundsätze
Art. 11 Indirekter Erwerb und indirekte Veräusserung
Art. 12 Handeln in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe
Art. 13 Entstehen der Meldepflicht
Art. 14 Berechnung der zu meldenden Positionen
Art. 15 Beteiligungsderivate
Art. 16 Weitere zu meldende Tatbestände
Art. 17 Effektenleihe und vergleichbare Geschäfte
Art. 18 Kollektive Kapitalanlagen
Art. 19 Banken und Effektenhändler
Art. 20 Übernahmeverfahren
Art. 21 Vorabendentscheid
2. Abschnitt: Meldung und Veröffentlichung
Art. 22 Inhalt der Meldung
Art. 23 Ergänzende Angaben
Art. 24 Meldefristen
Art. 25 Veröffentlichung
Art. 26 Ausnahmen und Erleichterungen
3. Abschnitt: Überwachung
Art. 27 Offenlegungsstelle
Art. 28 Verfahren
Art. 29 Untersuchungen
6. Kapitel: Pflicht zur Unterbreitung eines Angebots
1. Abschnitt: Angebotspflicht
Art. 30 Anwendbare Bestimmungen
Art. 31 Grundsatz
Art. 32 Indirekter Erwerb
Art. 33 Handeln in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe
Art. 34 Berechnung des Grenzwertes
Art. 35 Gegenstand des Pflichtangebots
Art. 36 Übergang der Angebotspflicht auf die erwerbende Person
Art. 37 Aufleben der Angebotspflicht
Art. 38 Pflichtangebot und Bedingungen
Art. 39 Frist
2. Abschnitt: Ausnahmen von der Angebotspflicht
Art. 40 Allgemeine Ausnahmen
Art. 41 Besondere Ausnahmen
3. Abschnitt: Ermittlung des Angebotspreises
Art. 42 Börsenkurs
Art. 43 Preis des vorausgegangenen Erwerbs
Art. 44 Indirekter vorausgegangener Erwerb
Art. 45 Abgeltung des Angebotspreises
Art. 46 Bewertung der Effekten
Art. 47 Ausnahmen
7. Kapitel: Zusammenarbeit zwischen FINMA, Übernahmekommission und Börsen
Art. 48
8. Kapitel: Schlussbestimmungen
Art. 49 Aufhebung und Änderung anderer Erlasse
Art. 50 Übergangsbestimmung zur Offenlegung von Beteiligungen
Art. 50a1 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 26. Januar 2017
Art. 51 Inkrafttreten
Praxis zu Art. 41 Abs. 2 lit. b FinfraV-FINMA (vormals Art. 39 Abs. 2 lit. b BEHV-FINMA)
Ausnahme gewährt bei individueller Grenzwertüberschreitung eines Gruppenmitglieds ohne resultierenden Kontrollwechsel
Führen Übertragungen innerhalb einer (beherrschenden) Gruppe dazu, dass einzelne Aktionäre bzw. Untergruppen (einschliesslich solcher, die neu Teil der Gruppe werden) den Grenzwert überschreiten, so unterstehen sie der Angebotspflicht, obwohl die Gruppe selber ihr nicht unterliegt. Es kann ihnen in diesem Fall allerdings gestützt auf Art. 136 Abs. 1 lit. a FinfraG bzw. Art. 41 Abs. 2 lit. b FinfraV-FINMA eine Ausnahme gewährt werden, wenn dadurch für die Minderheitsaktionäre kein (nachteiliger) Kontrollwechsel bewirkt wird. Vgl. zur individuellen Grenzwertüberschreitung innerhalb einer Gruppe auch die Praxis und entsprechende Kommentierung zu Art. 136 Abs. 1 lit. a FinfraG.
Bei Änderungen in der Zusammensetzung einer Gruppe
Die Ausnahme von Art. 136 Abs. 1 lit. a FinfraG bzw. Art. 41 Abs. 2 lit. b FinfraV-FINMA kann auch dann greifen, wenn die Gruppe nicht in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung fortbesteht, z.B. wenn ein ausscheidendes Mitglied einen Teil oder sämtliche bisher gehaltenen Aktien einem anderen Mitglied der Gruppe überträgt, ohne dass sich der Anteil der Gruppe insgesamt erhöht.
2. Ausnahme von der Angebotspflicht für die Übergangsstruktur
[14] Die UEK kann bei der Übertragung von Stimmrechten innerhalb einer vertraglich oder auf eine andere Weise organisierten Gruppe eine Ausnahme gewähren. Die Gruppe untersteht in diesem Fall der Angebotspflicht nur als Gruppe (Art. 32 Abs. 2 lit. a BEHG). Eine Übertragung von Stimmrechten innerhalb einer Gruppe bei gleich bleibenden Kontrollverhältnissen führt nur dann zu einer Ausnahme von der Angebotspflicht, wenn die Gruppe bereits seit längerer Zeit besteht, damit ausgeschlossen wird, dass kurzfristig eine Gruppe gebildet wird, um eine Gesellschaft unter Missachtung der Ansprüche der Minderheitsaktionäre zu erwerben (BGE 130 II 530 Erw. 7.4.4; Empfehlung 135/02 vom 23. März 2006 in Sachen Quadrant AG, Erw. II.1.2). Die Ausnahme von Art. 32 Abs. 2 lit. a BEHG kann auch dann greifen, wenn die Gruppe nicht in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung fortbesteht, z.B. wenn ein ausscheidendes Mitglied einen Teil oder sämtliche bisher gehaltenen Aktien einem anderen Mitglied der Gruppe überträgt, ohne dass sich der Anteil der gesamten Gruppe erhöht (BGE 130 II 530 Erw. 7.5.4; Hofstetter / Schilter-Heuberger in BSK BEHG Art. 32 Rn 79).
[15] Im vorliegenden Fall ist geplant, dass Alpiq die Repower-Gruppe verlässt (vgl. Sachverhalt lit. D). Alpiq wird zu 91.07 % von einem Konglomerat von acht Gesellschaften im Energiesektor und vom Kanton Solothurn beherrscht. Der Kanton Graubünden ist ein Gemeinwesen. Axpo wird vollständig von den Nordostschweizer Kantonen bzw. Kantonswerken gehalten (vgl. Verfügung 484/01 vom 23. Juni 2011 in Sachen EGL AG, Sachverhalt lit. B). Mit dem Ausscheiden von Alpiq verschiebt sich die gemäss Art. 7 ABV 1999 vorgesehene Partnerschaft zwischen der Privatwirtschaft und der öffentlichen Hand etwas zugunsten letzterer. Repower wird mit der Übergangsstruktur leicht stärker durch die öffentliche Hand geführt werden. Beim Kanton Graubünden und bei Axpo handelt es sich aber um langjährige Aktionäre von Repower. Sie haben in den vergangenen zwölf Jahren für eine nachhaltige und kontinuierliche Entwicklung und Interessenlage bei Repower gesorgt. Mit dem Ausscheiden von Alpiq von 24.6 % der Repower-Aktien und Stimmrechte und dem weiteren Verbleib vom Kanton Graubünden und von Axpo mit zusammen 67.4 % der Repower-Aktien und Stimmrechte im Aktionariat von Repower sind für die Minderheitsaktionäre insgesamt keine wesentlichen Änderungen der Strategie zu erwarten.
[16] In der Absichtserklärung haben der Kanton Graubünden und Axpo unter Vorbehalt des Abschlusses des rechtlich bindenden ABV „Übergangsstruktur“ ihr ernsthaftes Interesse an einem vorübergehenden Erwerb der gesamten Beteiligung von Alpiq bekundet. Die Strategie und die Geschäftspolitik von Repower sollen sich nach der Implementierung der Übergangsstruktur aber nicht ändern, da der geplante ABV „Übergangsstruktur“ für die verbleibenden Gruppenmitglieder weitgehend dem ABV 1999 entsprechen soll.
[17] Gemäss dem Entwurf des ABV „Übergangsstruktur“ kommt es im Verwaltungsrat von Repower zu keinen wesentlichen Verschiebungen: Der Kanton Graubünden ist weiterhin mit sechs und Axpo mit drei Verwaltungsräten vertreten. Die drei von Alpiq ausscheidenden Verwaltungsräte werden durch drei unabhängige ersetzt, welche die Parteien auf Vorschlag von Axpo gemeinsam nominieren. Daher wird auch die bisherige Geschäftsleitung von Repower nicht entscheidend verändert werden.
[18] Auch das paritätische Konzept soll im geplanten ABV „Übergangsstruktur“ unverändert bestehen bleiben, indem bei wichtigen Entscheiden, namentlich bei der strategischen Ausrichtung von Repower, weiterhin die Einstimmigkeit aller Vertragsparteien erforderlich ist.
[19] Bei der vorliegenden Sachlage sind die Voraussetzungen für die Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht für die Gruppe, bestehend aus dem Kanton Graubünden und Axpo, gemäss Art. 32 Abs. 2 lit. a BEHG erfüllt.
[20] Durch die Implementierung der Übergangsstruktur überschreiten der Kanton Graubünden mit 58.3 % und Axpo mit 33.7 % je individuell eine die Angebotspflicht auslösende Schwelle. Der Kanton Graubünden überschreitet die Schwelle von 50 % gemäss Art. 52 BEHG, Axpo die Schwelle von 33 1/3 % nach Art. 32 Abs. 1 BEHG. Der Abschluss des geplanten ABV „Übergangsstruktur“ bewahrt jedoch aufgrund des vertraglich austarierten Paritätskonzepts die kontrollrelevante Stellung der Gesuchsteller unverändert. Keine Partei kann auch künftig alleine über Repower entscheiden. Insbesondere bleibt das Vetorecht für wichtige Entscheidungen bestehen und das bisherige Kräftegleichgewicht im Verwaltungsrat von Repower bleibt gewahrt. Nach dem Gesagten ist dem Kanton Graubünden und Axpo auch je individuell eine Ausnahme im Sinne von Art. 32 Abs. 2 lit. a BEHG zu gewähren.
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