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Praxis zu Art. 43 Abs. 5 FinfraV-FINMA (vormals Art. 41 Abs. 5 BEHV-FINMA)

Prüfung der Angemessenheit der Bewertung der anderen wesentlichen Leistungen durch Prüfstelle

Ermessen der Prüfstelle

Bei ihrer Tätigkeit steht der Prüfstelle ein gewisser Beurteilungsspielraum zu (sog. technisches Ermessen). Dieser Beurteilungsspielraum umfasst die Wahl und Gewichtung der Methoden und der hierfür verwendeten Grundlagen. Der Beurteilungsspielraum ist umso grösser, je unsicherer die zugrunde liegenden Bewertungsfaktoren, je spekulativer die für die Bewertung erforderlichen Annahmen und je schwieriger deshalb die Bewertung der in Frage stehenden Leistungen sind. Gemäss BVGer deutet der Wortlaut des Art. 43 Abs. 5 FinfraV-FINMA ausserdem darauf hin, dass bei der Bewertung ein eigentlicher Ermessensspielraum besteht.

Anforderungen an die Bewertung und Prüfung und den Inhalt des Prüfberichts der Prüfstelle

Leistungen sind einzeln zu beurteilen und wertmässig zu vergleichen

Die Prüfstelle muss für die Prüfung der Angemessenheit der Bewertung jede einzelne relevante Leistung beurteilen und ihre diesbezüglichen Berechnungen aufzeigen. Sie muss zudem überprüfen, ob sämtliche Leistungen erfasst wurden. Die Leistungen und Gegenleistungen sind wertmässig zu vergleichen und gegebenenfalls die Einhaltung des Mindestpreises zu bestätigen oder festzustellen, um wie viel der Angebotspreis zu erhöhen ist.

Unvoreingenommene Feststellung und Bewertung bzw. Kontrolle der Bewertung

Die Prüfstelle hat im Rahmen der Sachverhaltsfeststellung unvoreingenommen die wesentlichen sich gegenüberstehenden Leistungen, Nebenleistungen und Gegenleistungen festzustellen und zu bewerten sowie deren Bewertung durch die Anbieterin zu kontrollieren. Diese Prüfung muss auch dann erfolgen, wenn vorab keine konkreten Anzeichen auf ein Umgehungsgeschäft oder andere Unregelmässigkeiten vorliegen.

Abstellen auf Vollständigkeitserklärungen der Anbieterin ist zulässig

Die Prüfstelle darf sich für bestimmte Prüfungshandlungen auf Angaben der Anbieterin stützen, indem sie schriftliche Bestätigungen oder sogenannte Vollständigkeitserklärungen einholt. Soweit sie diese kritisch hinterfragt und auf ihre Plausibilität prüft, soll sie sich grundsätzlich auf deren Richtigkeit verlassen können. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur beschränkten Aussagekraft von Vollständigkeitserklärungen des Verwaltungsrats gegenüber der Revisionsstelle im Rahmen der jährlichen Rechnungsprüfung ist nicht auf die im Rahmen der Prüfung nach Art. 43 Abs. 5 FinfraV-FINMA abgegebenen Vollständigkeitserklärungen anwendbar.

Ausführungen im Prüfbericht müssen transparent, plausibel und nachvollziehbar sein

Der Prüfbericht darf sich nicht darauf beschränken, seine Schlussfolgerungen bekannt zu geben, sondern er hat diese vollständig und nachvollziehbar zu begründen. Ferner hat er die Beurteilungsgrundlagen, die gewählten und nicht gewählten Bewertungsmethoden, die angenommenen Parameter für die Herleitung seiner Resultate sowie seine Einschätzungen und Werturteile einzeln, transparent, plausibel und nachvollziehbar im Bericht aufzuführen und zu begründen (vgl. Art. 42 Abs. 4 zweiter Satz FinfraV-FINMA für den Bewertungsbericht).

Rechtsgenügliche Begründung ähnlich eines gerichtlich oder behördlich bestellten Gutachters

Die Anforderungen an eine rechtsgenügliche Begründung der Prüfstelle sind am ehesten mit der Begründungspflicht eines gerichtlich oder behördlich bestellten Gutachters zu vergleichen. Nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung darf ein Gutachter sich nicht darauf beschränken, seine Schlussfolgerungen bekannt zu geben, sondern er hat sie auch einleuchtend zu begründen (BGE 125 V 351 E. 3a).